Show
Die Welt gerät ins Wanken – aber immerhin wissen wir, wo oben und unten ist. Oder etwa nicht? Horizontal wird vertikal. Unten wird oben. Wände scheinen vertrauensvoll - bis sich die Lücke auftut. Und wenn sogar dem Boden unter den Füssen nicht mehr zu trauen ist, müssen die 10 Protagonist:innen der 33. Produktion des Zirkus Chnopf ihre gesamte Kreativität bündeln und die Herausforderung als Kollektiv annehmen. Jede Hand, die fangen kann, die klettern kann, auf der gelaufen werden kann, wird jetzt gebraucht – denn die Artist:innen aus den Bereichen Zirkus, Tanz und Musik haben keine kleinere Aufgabe, als die Schwerkraft auszuhebeln.
Tournee
16 Plätze 2. Juni – 16. September 2023
ZÜRICH Zirkusquartier – BERN Grosse Halle – AARAU Festival Cirqu‘9 – OLTEN – MÜNSINGEN – SOLOTHURN – SOUBOZ – ST-URSANNE – LAJOUX – BIEL/BIENNE – LANGNAU 6. Langnauer Zirkusfestival – KRIENS Südpol – ST.GALLEN Paula Interfestival - USTER – WINTERTHUR Lagerplatz - ZÜRICH Josefwiese
Es erschien schon beinahe logisch, nachdem wir in ein neues Zirkusquartier gezogen waren, die Premiere auch dort durchzuführen. Umso grösser war dann die Freude, am Premierenwochenende nicht nur die neueste Produktion, sondern auch das frisch bezogene Zuhause einem überwältigend grossen Publikum zeigen zu dürfen! Für die festlichen Klänge nach der ersten Show sorgte die Band King Pepe & the Queens, bevor dann die Party im wunderschönen Zirkusquartiergebäude weiter ging. So nahmen wir in der folgenden Woche mit einem Stein im Mosaik den ersten Fahrtag in Angriff und reisten nach Bern, wo wir wieder in der grünen Oase Anstadt wohnen durften – Erholung pur nach dem urbanen ZQ! Gar nicht nach Ruhe war hingegen der jungen Berner Band dnachtaktion zu Mute, die in der Grossen Halle nach der Freitagsshow dem Publikum ihre fordernden Riffs und politischen Texte um die Ohren schmissen. Mit der Energie des Vorabends gelang dem Team am Samstag bereits die erste Doppelshow, wobei die Hitze in der Halle ein ernst zu nehmender Gegenspieler war, das Publikum aber umso frenetischer applaudierte.
Nun hiess es wieder zurück Richtung Zürich fahren, wo wir in Aarau Teil des Zirkusfestivals Cirqu’9 sein durften. Die Begegnungen mit anderen Compagnien auf dem Festivalgelände und die Besuche einiger Shows waren einerseits eine wertvolle Quelle neuer Inputs und Inspiration, andererseits auch ein Wiedersehen mit alten Freund:innen aus der Zirkuswelt. Als nächster Halt stand Olten auf dem Programm, nach wie vor war das Wetter grösstenteils trocken und heiss, wodurch die direkt neben uns liegende Aare zur hochfrequentierten Badegelegenheit wurde. Zum Glück führte uns die Tourneeplanung auch weiterhin der Aare entlang, und nach zwei Wochen an sehr urbanen Stell- plätzen freuten wir uns sehr auf Münsingen, wo wir aus unseren Wagenfenstern wieder Wiesen und Bäume sehen konnten. Nachdem wir eine Show wetterbedingt abbrechen mussten, spielten Sibill
et les Beaux unter der Barplane auf dem Schlossgutplatz auf, worauf es für die vor dem Regen Schutz suchenden Menschen keinen Grund mehr gab, stillzustehen.
Guten Mutes zogen wir weiter nach Solothurn, wo sowohl das Showteam wie auch das Backstage- team keine Gelegenheit ausliess, den Zirkus auf die Stadt zu übertragen, indem kühne Sprünge von der Brücke ins kühle Nass gewagt wurden. Nach 23 gespielten Shows in sechs Tourneewochen näherten wir uns endlich dem Ort, von dem die eine Generation Chnopf stets der Nächsten erzählt und der dadurch eine schier mystische Anziehung auf uns ausübt: Souboz.
Leider hatten wir aber ab den Jurawochen auch mit unsteterem Wetter und einer kleinen Pech- strähne zu kämpfen: In Souboz wehten Sturmböen Ziegelsteine von den Dächern, was zwar glimpflich verlief, aber uns einen Schrecken in die Knochen jagte. Und kaum hatten wir uns dank der wunderschönen Landschaft, der Gastfreundschaft der Dorfbewohner:innen und den friedlich um den Küchenwagen scharrenden Hühnern ein wenig davon erholt, folgte in St-Ursanne ein Ereignis, was uns noch mehr zu schaffen machte – eine Artistin verunfallte während einer Show, worauf diese abgebrochen werden musste. Das gesamte Team verhielt sich höchst professionell, Hilfe war schnell zur Stelle und aus dem Publikum kamen viele tröstende und anteilnehmende Stimmen, bis wir dann endlich Entwarnung geben konnten: Die Artistin war fast unversehrt davongekommen und stand dann sogar in der darauffolgenden Woche in Lajoux bereits wieder auf der Bühne.
Wir genossen die letzten Tage im Jura, machten dann in Biel/Bienne Halt, wo wir es wieder mit Wind und Regen aufnehmen mussten und landeten dann in Langnau. Spätestens zum 6. Langnauer Zirkus- festival hatte der Sommer Einzug gehalten, so dass viele Menschen zum Zirkusbesuch, Konzerte hören oder Rollschuhfahren auf dem Viehmarktplatz zusammenfanden. Langsam machte sich jedoch auch die Länge der Tournee bemerkbar, so dass wir zeitweise in verkleinerter Besetzung spielten und das Stück dadurch einige Änderungen erfuhr. In Kriens standen wir dann erstmals neben dem Südpol, wobei die Temperaturen weiterhin eher tropisch als antarktisch waren.
Um den letzten Tourneemonat einzuläuten hatten wir uns dann etwas ganz Besonderes ausgedacht: Da die Strecke nach St.Gallen an einem Tag schlicht nicht zu schaffen war, verteilten wir den Weg auf zwei Fahrtage und legten im Quartier des Circolino Pipistrello einen nächtlichen Boxenstopp ein. An dieser Stelle noch einmal ein grosses Dankeschön an die Pipis! Langsam breitete sich im Team Abschlussstimmung aus, also galt es, überall noch aus dem Vollen zu schöpfen. Am Paula Interfesti- val wurde trotz Regenstimmung ausgelassen getanzt, in Uster im Stadtpark erklangen wundervolle Klänge eines Jazztrios, in Winterthur spielten wir sorglos unter dem Dach des Lagerplatzes und ehe wir uns versahen, standen unsere Wagen schon wieder in Zürich. 15 Tourneeorte hatten wir bespielt, 15 Steine in unser Mosaik gesetzt. Voller Spannung, Vorfreude, Wehmut, aber auch Euphorie erwarteten wir die Shows auf der Josefwiese - und wurden in unseren Erwartungen haushoch übertroffen. Nicht nur kamen wir regenfrei davon und konnten die Derniere vor einem rekordver- dächtig zahlreichen Publikum spielen – vor allem stand zuletzt das gesamte Showteam wieder vereint auf der Bühne, was selbst den Hartgesottensten Tränen der Rührung in die Augen trieb. So konnten wir alle gemeinsam den letzten, alles krönenden und komplettierenden Stein setzen und zusammen beenden, was wir acht Monate davor zusammen begonnen hatten.
Nach der Tournee
Das Showteam
Astro springt und rollt durch sein Leben, welches sich weiterhin hauptsächlich auf dem Tanzboden abspielt. Benjamin studiert an der Accademia Dimitri im Tessin und geht am Wochenende in der Maggia baden. Ellen trainiert aktuell in Berlin und lässt sich keine Zirkusvorstellungen in ihrer Umgebung entgehen, um sich vom schlechten Wetter abzulenken. Jano hat auch das neue Kreativteam von sich überzeugen können und steht somit 2024 wieder auf der Chnopf-Bühne. Lotta strickt sich an italienischen Stränden Socken für den Winter und schiebt den Wiedereinstieg in die Schule vor sich hin. Lucile bleibt noch ein wenig im Zirkusquartier, nutzt die Zeit, um Freund:innen zu treffen und Türen zu öffnen, um sich ihre Zukunft mit Steinchen und übrig gebliebenem Klebeband zu erträumen und zu basteln. Marie ist zurück in Frankreich, schaut sich für Auftrittsmöglichkeiten mit ihrem Duo Marieolune um und bereitet eine Fangstuhlshow mit Cie Morosof vor. Pablo freut sich schon auf ein Wiedersehen mit einigen seiner Chnopf-Freund:innen in den kommenden Wochen. Sara sitzt in der Sauna am See und sinniert über Sinn und Unsinn. Victoria ist auch zurück nach Frankreich und in einen Wagen gezogen, reist herum und arbeitet gleichzeitig an der Realisierung ihres ersten Films.
Die Menschen dahinter
Dave hat noch einige Jobs bis Ende Jahr und freut sich schon auf seine Frühpensionierung, wenn er endlich Zeit haben wird, den Hochseeschein zu erlangen und mit seinem (noch ungeschriebenen) Bühnenprogramm auf Welttournee zu gehen. Florin besucht die Zirkusschule Flic in Turin und liest fleissig Harry Potter. Joane macht sowohl Skilifte für den Winter als auch ihren Bus fürs Reisen flott und gewöhnt sich an ein neues, sesshafteres Leben. Max hat seine wohlverdienten Ferien genossen und schraubt jetzt wieder an den Traktoren rum, um sie fit für die nächste Tournee zu machen. Olga ist auf Jobsuche und freut sich über jeden Tipp. Simea hängt noch im Zirkusquartier rum, sucht einen Stellplatz für ihren Wagen und Ideen für ihr Leben. Simon studiert zusammen mit Beni an der Accademia Dimitri und geniesst das Arbeiten mit dem Körper sowie die Marroni aus dem Garten.
Ausblick 2024
2024 wird ein Jahr mit vielen personellen Veränderungen werden. Nachdem das Leitungsteam zwei Jahre lang aus denselben Personen bestand, gibt es jetzt zwei Wechsel: Polina Petushkova macht nach fünf intensiven Chnopfjahren eine Saison Pause. Zum Glück konnte mit Katharina Wiss eine kompetente Stellverteterin gefunden werden; sie wird nächstes Jahr zusammen mit ihrer Familie mit auf Tournee gehen. Da Katharina stark in der Basler Kulturszene verankert ist, gibt es für alle Basler:innen eine erfreuliche Nachricht: Nach drei Jahren Durststrecke kommt der Chnopf 2024 wieder nach Basel! Auch Sibill Urweider verfolgt nach drei Jahren Zirkus auf und neben der Bühne nächsten Sommer andere Pläne und legt eine Chnopfpause ein. Dafür stösst ein anderes bekanntes Gesicht zum Team dazu: Annik Vanal wird, nachdem sie schon dieses Jahr für den Chnopf gearbeitet hat, erstmals eine ganze Saison dabei sein. Katharina, Annik: Herzlich willkommen!
Im Backstageteam gibt es ebenfalls einige Abgänge: so müssen wir uns nach vier Jahren von Joane Perrin verabschieden. Ob in der Werkstatt, auf dem Traktor oder als zuverlässige Backstage- mitarbeiterin – überall war Joane für uns mit ihren vielseitigen Fähigkeiten eine wichtige Stütze. Auch Florin Lehmann, Zivi, Werkstattmitarbeiter und zuletzt Barverantwortlicher zieht es nach drei Saisons weiter. Dave Karrer, unser Techniker und DJ, hängt ebenfalls das Zirkusleben an den Nagel. Wir wünschen euch alles Gute!
Der Wechsel nicht genug: Das Kreativteam wird für die Saison 2024 komplett neu aufgestellt. Wir freuen uns auf die erste Zusammenarbeit mit Johanna Sofia Heusser, die sich gemeinsam mit Marc Oosterhof der Regie und Choreographie annehmen wird. Die musikalische Leitung werden Silvan Koch und Roman Oskar Naef innehalten, um die Kostüme kümmert sich Ernestyna Orlowska und Marco Weber tüftelt am Bühnenbild herum. Da nun auch das Casting vorbei ist und das Team für nächstes Jahr feststeht, bereiten wir uns nun auf den ersten vollen Winter bei der Hardbrücke vor. Nach und nach ist es uns gelungen, zusammen mit dem Team des Zirkusquartiers aus der grauen Fabrikhalle ein buntes Zuhause zu schaffen und wir sind froh, zu wissen, für eine Weile hier bleiben zu können. Wie es ab dem Winter 2026 aussieht, ist jedoch nach wie vor unklar...Und so beginnen wir schon jetzt, Augen und Ohren für Möglichkeiten eines Winterstandortes für unsere Wagen offen zu halten. Ein Zirkus ist zwar ein Zuhause – aber er braucht auch ein Zuhause!
Was jedoch für die nächsten sechs Jahre feststeht, ist, dass wir neu als fixe Hauscompagnie des Vereins Zirkusquartier gelten. Unserem Schwesterverein ist es dank grossem Einsatz und wertvoller Arbeit gelungen, die Konzeptförderung 2024-2029 der Stadt Zürich zu erhalten, in die wir glückli- cherweise miteingebunden sind. Wo auch immer es uns also hin verschlägt – mit dem Zirkusquartier haben wir einen starken Bund, der uns stützt und Sicherheit gibt.
Danke
Nach diesem wunderschönen Zirkus Chnopf Jahr möchten wir uns bei allen, die zum guten Gelingen beigetragen haben, bedanken: den Mitarbeiter:innen, Zivis und Jugendlichen, unseren Familien, allen Externen, den zahllosen Ehrenamtlichen, allen Gönner:innen, dem Vorstand, den Revisoren, den Stiftungen und öffentlichen sowie privaten Geldgeber:innen, der Stadt Zürich und allen Mitarbeiter:innen, Nachbar:innen und Bewohner:innen im Zirkusquartier in Zürich.
Die Menschen hinter MOSAIK
Choreographie und Regie Tim Plegge
Artistische Leitung und Co-Regie Sarah Behrle
Regieassistenz Annik Vanal
Dramaturgie Karin Dietrich
Musikalische Leitung Moritz Alfons
Bühnenbild Schlosserei & Metallbau Daniel Bäumlin GmBH & Werkstattteam Zirkus Chnopf
Kostüme Gundula Hartwig
Oeil extérieur Matthias Schoch
Ensemble Astro Scheidegger, Benjamin Koch, Ellen Fässler, Jano Schorno, Lotta Rihs, Lucile Seilaz, Marie Binda, Pablo Valarcher, Sara Grimm, Victoria Leymarie
Im Hintergrund
Geschäftsleitung Konrad Utzinger, Polina Petushkova
Tourneeleitung Konrad Utzinger, Polina Petushkova, Sibill Urweider
Fundraising Andrea Grimm
Technik/Werkstatt Dave Karrer, Florin Lehmann, Joane Perrin, Max Ihle
Rollbar Florin Lehmann
Küche Olga Krempels, Simea Fürst
Schule Simon Heigl
Tourneekind Maurin
Extern
Jacques et Brigitte Design, Memi Beltrame Website, Mina Monsef & Andrin Winteler, Annik Vanal, Johannes Kulz Fotos und Filme, K-Vis David Kunz Treuhand, Printoset Gmbh Druckerei
Vorstand
Matthias Schoch Präsident, David Sieger, Julia Hofstetter, Marie-Anne Hafner, Nadine Tobler, Paul Weilenmann
Revision
Urs Fischer, Roland Scheibler